Das 2010 erstmals auf Englisch erschienene “Elmer” von Gerry Alanguilan kann als einer der großen Graphic Novel-Erfolge der letzten Jahre gelten. Der bis dahin kaum bekannte philipinische Autor und Zeichner Alanguilan katapultierte sich damit auf die weltweite Comicbühne. Nicht nur wurde das Werk über Hühner und Menschen weltweit veröffentlicht, sondern auch vielfach preisgekrönt. Dazu gehörte auch eine Nominierung für den prestigeträchtige amerikanische Eisner Award.
Alanguilans amerikanischer Verlag SLG Publishing legt nun mit “Where bold stars go to die” ein neues Werk von Alanguilan vor (das 2009 erstmals auf den Philipinen verlegt wurde), das sich stark von dem allegorischen und sozialkritischen “Elmer” unterscheidet. Wie etwa auch Chester Browns “The Playboy” oder Joe Matts “Spent” setzt sich Alanguilans neues Werk mit dem Verhältnis eines Mannes mit der Pornografie auseinander.
Daniel ist Schüler auf einer Oberschule, der ein obsessives Verhältnis zu dem Pornostar Anna entwickelt. Er ist dermaßen von ihr fasziniert, dass er nicht davon ablassen kann nicht nur nach jedem Fitzel dieses längst verschwundenen Pornostars zu suchen, sondern auch nicht aufhören kann von ihr zu fantasieren und auch zu masturbieren. Daniels Obsession nimmt eine surrealistische Wendung als er sich plötzlich an einem Ort wiederfindet an dem sich die Pornostars von einst versammeln.
“Where bold stars go to die” ist eine Kurzgeschichte, eine Tatsache, die SLG Publishing ungelenk zu cachieren versucht: Fast ein Drittel des Trade Paperbacks werden von Gastillustrationen eingenommen, dazu kommt ein ausführlicher Nachruf an den inzwischen an Krebs verstorbenen Zeichner von “Where bold stars…”, Arlanzandro Esmena, der das Werk mit einem altmodisch wirkenden Schwarz-Weiß-Stil illustriert hat. Zu diesem Bonusmaterial gehört auch ein kurzer Abriss über die philipinische Softcore-Pornografie der 60er und 70er, die den Hintergrund dieser dünnen Graphic Novel bildet.
Trotz dieser teils tragischen, teils historischen Unterfütterung von “Where bold stars go to die” fällt es schwer über den dünnen Inhalt hinweg zu sehen. Esmenas Zeichnungen gehen nicht wirklich über eine reine Illustration des Textes hinaus: Die Zeichnungen reproduzieren romantische Landschaften und hübsche junge Frauen, wie es dem gesamten Homage-Charakter entspricht. Doch sie bilden keine zweite Ebene, ebenso wie es leider auch Szenarist Alanguilan schwerfällt über die bloße nostalgische Verklärung alter Pornografie hinauszugehen. Vielleicht ist der dabei entstehende schwülstige Ton zufällig, vielleicht ist er intendiert. Leider gelingt es Alanguilan und Esmena nicht hier eine eindeutige Haltung zu transportieren, die Werke wie die vorher erwähnten “The Playboy”, “Spent” oder andere auszeichnen.
Gerry Alanguilan & Arlanzandro Esmena
Where bold stars go to die
SLG Publishing
ISBN 978-1-59362-281-7