Was ist der Grund, dass ich “7 against Chaos” rezensiere, außer dass mich diese Graphic Novel praktischerweise per Versand erreicht hat und ich (mal wieder) nicht den Comicladen aufsuchen mußte?
Vielleicht rezensiere ich “7 against Chaos”, weil sein Autor Harlan Ellison ist und sein Zeichner Paul Chadwick. Auch Comic-Veteranen Ken Steacy und Todd Klein und ihr Beitrag sollen hier nicht unerwähnt bleiben. Aber vor allem sind es natürlich die Namen Ellison und Chadwick die die Aufmerksamkeit auf diese Science Fiction-Graphic Novel ziehen. Ellison ist ein Sci Fi-Veteran, der bereits seit den 50ern sich in unzähligen Kurzgeschichten und Romanen verewigt hat. Zwar hat er nie den legendären Rang eines Philip K. Dick oder eines Isaac Asimov erlangt, aber sein erstaunlich produktiver Output hat so ziemlich jeden Preis gewonnen, den ein Sci Fi-Autor gewinnen konnte. Ihm zur Seite stand bei “7 against Chaos” Paul Chadwick, der vor allem als Schöpfer des Indy-Superhelden “Concrete” bekannt sein dürfte. Auch er nicht der bekannteste, aber dennoch ein äußerst profilierter Comic-Schöpfer.
Gemeinsam haben sie eine Sci Fi-Geschichte geschaffen, die – ganz wertneutral – erstaunlich altmodisch ist.
In einer fernen Zukunft, sucht ein geheimnisvoller Agent ein Team von Außenseitern zusammen: Eine Frau mit Zangen als Händen, eine Pyromantin, ein Einbrecher, ein Roboter mit Seele, ein Insektoid und ein genialer Wissenschaftler. Gemeinsam sollen sie eine Gefahr von der Erde abwenden, die die Realität der Welt an sich gefährdet. Jemand oder etwas ändert rückwirkend den Verlauf der Zeit. Die ganze Erde wurde zu einem unstabilen Grund und nur das scheinbar zusammengewürfelte Team von Individualisten kann die Welt vor dem Untergang retten.
Dabei läßt Ellison kaum ein Sci Fi-Bild aus: Sklavenminen im Orbit des Jupiter, exzentrische Adelige auf der Venus, himmelsstürmende Städte auf dem Mars, Zeitreise, Raumschiffkämpfe. Chadwick setzt dies alles mit seinem typischen, äußerst nüchternen, aber niemals nachlässigen Stil in Szene, der gerade durch seine Unauffälligkeit “7 against Chaos” einen melancholischen, beinahe nostalgischen Ton gegeben hat. Das unaufgeregte, typisch amerikanische Layout und die Kolorierung in vielfach ins Rötliche und Gelbliche verschobenen Farbtönen verstärken diesen Effekt noch weiter.
Dieser nostalgische Ton ist eben das Grundthema von “7 against Chaos”. Wie Ellison selber in einem Interview offenbart hat, orientiert sich diese Graphic Novel an Akira Kurosawas Filmklassiker “Die sieben Samurai” (der wiederum den Western-Klassiker “The Magnificent Seven” inspiriert hat). Wir haben also einen Altmeister der Science-Fiction, der sich eines alten Films bedient, um eine Geschichte zu erzählen, die in ihrem Charakter viel mehr den Welten eines Edgar Rice Burroughs (“John Carter of Mars“) nahekommt, als der modernen Science Fiction eines Neal Stephenson, Charles Stross oder Cory Doctorow (um hier nur ein paar Namen zu nennen). Ellison will – was viele Science-Fiction-Autoren seiner Generation ausgezeichnet hat – dem Leser das Fantastische zeigen. Deswegen verbringt “7 against Chaos” fast mehr Zeit bei seinen so unterschiedlichen, verschiedene Planeten repräsentierende Protagonisten als mit der eigentlichen Klärung des Konfliktes, der sie zusammengebracht hat.
Und weil diese Figuren eben durchaus Zitate sind, die sich nahtlos in das Sci Fi-Repertoire einer vergangenen literarischen Epoche einordnen (darauf deuten auch all die angedeuteten Vorgeschichten der Figuren hin), ist “7 against Chaos” ein schwer einzuordnendes Werk: Es wirkt gleichermaßen altbacken und unoriginell, wie es doch auch ein handwerklich perfekt realisiertes Fenster in eine andere Zeit ist.
Harlan Ellison, Paul Chadwick & Ken Steacy
7 against Chaos
DC Comics
ISBN 978-1-4012-3910-7